Marktumstellung auf Bio

Ökologischer Landbau in der Region – Vortrag auf Youtube

Kreis Groß-Gerau – Tier-, Klima- und Umweltschutz sind unter den Eindrücken der Corona-Pandemie bei den Verbrauchern noch stärker in den Blickpunkt gerückt. Gleichzeitig legen aktuell fast 22 Prozent der Befragten höheren Wert auf Bio-Produkte als zuvor, so das Ergebnis einer Studie der Universität Göttingen (https://www.uni-goettingen.de/de/publikationen/11274.html).

Kai Schellhaas aus Riedstadt-Crumstadt gehört zu denen, die die Zeichen der Zeit erkannt haben. Er befindet sich mit seinem 160 Hektar großen Betrieb (www.biolandhof-schellhaas.de) seit 2019 in der Umstellung auf Ökolandbau. Eine durchaus herausfordernde Zeit, wie der 32-jährige Landwirt zu berichten weiß: „Die Vermarktung insbesondere in der Umstellungsphase stellt mich vor die größten Herausforderungen“. Einfallsreichtum ist gefragt. Da Schellhaas und seine Freundin aufgrund der Corona-Situation noch eine große Fuhre Umstellungsweizen aus eigenem Anbau im Lager hatten, kamen sie auf folgende Idee: Sie haben sich eine eigene Mühle angeschafft, um ein Weizen-Vollkornmehl selbst zu produzieren und in ausgewählten Geschäften in den umliegenden Ortschaften zu vermarkten.

Umweltschonender Bio-Anbau wie in Crumstadt soll in Südhessen weiter ausgebaut werden. Darauf weist die Ökolandbau Modellregion Süd hin. Eine wesentliche Voraussetzung dafür ist, dass auch die Abnahme am Markt gut funktioniert. Aktueller denn je kann daher der Vortrag „Umstellung auf Bio – kommt der Markt mit?“ zum Denken und Handeln anregen. Gehalten hat ihn Prof. Dr. Jan Niessen, Experte auf dem Gebiet der Bio-Vermarktung, Ende vergangenen Jahres beim Plenum der Ökolandbau Modellregion Süd in Darmstadt. Das Video zu dieser Veranstaltung steht jetzt auf Youtube für alle Interessierten bereit (https://www.youtube.com/watch?v=J_cAsiEVpbg&t=19s). Eine zusammenfassende schriftliche Dokumentation des Plenums zum Thema Bio-Vermarktung findet sich unter https://www.oekomodellregionen-hessen.de/images/sued/aktuelles/2020/Dokumentation%20Plenum%20II%20am%2022.%20November%202019.pdf.

Professor Niessen betont die Bedeutung der Ökomodellregionen. Denn zahlreiche Umweltprobleme seien menschengemacht, und deren Ausmaß und Konsequenzen würden immer deutlicher sichtbar. Aus diesem Grund ist es in den Augen des Referenten sehr wichtig, den ökologischen Landbau auszubauen und weiterzuentwickeln. Es gibt eine große Vielfalt an möglichen Vermarktungsstrukturen und Vermarktungswegen für biologisch erzeugte Lebensmittel, so Niessen. An Beispielen wie erfolgreicher Direktvermarktung bis hin zu Bio-Produkten im Discounter erläutert der Fachmann mit seinem breiten Insiderwissen positive Marketing-Wege. Er weist aber auch auf die große Diskrepanz zwischen Einstellungen und dem tatsächlichen Kaufverhalten hin: „Wir sind als Verbraucher alle ein bisschen gut und ein bisschen böse.“ Umso wichtiger, gute Vorsätze von Verbrauchern mit passendem Marketing zu unterstützen und so schneller Realität werden zu lassen.

Alles in allem ist Jan Niessens Vortrag ein starker Impuls für alle, weiterhin an einem „Mehr Bio“ zu arbeiten und sich die Lebensgrundlagen nicht durch „Dumping“ selbst zu entziehen. Wenn wir mehr Bio-Produkte in die Lebensmittelkette aufnehmen wollen, muss es darum gehen, dass die Erzeugnisse von Bio-Landwirten sicher Abnehmer finden – das zeigte sich im Laufe des Plenums immer wieder. Nur wenn der komplette Weg vom Erzeuger bis zu den Verbrauchern steht, kann der Ökolandbau in der Region nachhaltig gestärkt werden.

Die Vernetzung der Region mit der Stadt Darmstadt – denn hier leben die meisten Verbraucher/innen – ebenso wie die gute Verzahnung der Akteure/innen und Initiativen der ganzen Region Südhessen werden über das Projekt Ökomodellregion stetig gestärkt. Dies betont auch der Erste Kreisbeigeordnete Walter Astheimer für den Kreis Groß-Gerau. Die Ökolandbau Modellregion Süd umschließt einen großen Teil Südhessens und setzt sich aus den Landkreisen Darmstadt-Dieburg, dem Odenwaldkreis, dem Kreis-Groß Gerau und der Wissenschaftsstadt Darmstadt zusammen. Mehr als 800.000 Menschen leben im Projektgebiet. Mehr dazu im Internet auf www.oekomodellregionen-hessen.de.

ggr

 

Zur Person:

Prof. Dr. Jan Niessen gilt als einer der erfahrensten Experten auf dem Gebiet der Bio-Vermarktung. Er war von 2012 bis 2018 in der Geschäftsleitung der Marketing-Abteilung des größten deutschen Bio-Anbauverbands, Bioland in Mainz, tätig, bevor er 2018 an die TH Nürnberg wechselte (https://www.th-nuernberg.de/person/niessen-jan/). Dort lehrt Niessen als Studiengangsleiter im Studiengang Betriebswirtschaft „Management in der Biobranche“. Zudem forscht er zu den Themen Strategische Marktbearbeitung in der Biobranche, Marketing, Stakeholder-Verhalten und nachhaltigem Wirtschaften. Darüber hinaus engagiert Jan Niessen sich im Vorstand des Regionalfenster e.V. (www.regionalfenster.de).

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