Kreis gedenkt der Opfer

Mit Plakaten unter dem Aufruf #SayTheirNames gedenkt das Team des Büros für Integration des Kreises Groß-Gerau der neun getöteten Opfer des rassistischen Terroranschlags vom 19. Februar 2020 in Hanau: Gökhan Gültekin, Sedat Gürbüz, Said Nessar Hashemi, Mercedes Kierpacz, Hamza Kurtović, Vili Viorel Păun, Gabriele Rathjen, Fatih Saraçoğlu, Ferhat Unvar und Kaloyan Velkov. Die Kreisverwaltung Groß-Gerau beteiligt sich damit an einer Aktion der Partnerschaft für Demokratie der Stadt Hanau. Foto: Kreisverwaltung

Ein Jahr nach dem rassistischen Attentat in Hanau

Kreis Groß-Gerau – Am 19. Februar war es auf den Tag genau ein Jahr her, dass ein Attentäter neun junge Menschen aus rassistischen Motiven getötet hat. Damit zerstörte der Attentäter nicht nur das Leben der getöteten Opfer, sondern auch das ihrer Familien und Freund*innen. Auch viele Überlebende des rassistischen Anschlags leiden bis heute unter den Konsequenzen ihrer Erfahrungen.

Es traf Hanauer Bürger*innen. Menschen, die gerade ihre Ausbildung abgeschlossen hatten, die bald heiraten wollten, einen Vater und auch eine Mutter – Hanauer*innen, die seit ihrer Geburt oder Kindheit in Hanau fest verwurzelt waren. Dieser Anschlag kam nicht aus dem Nichts, betont das Büro für Integration des Kreises Groß-Gerau. Jederzeit könnte solch ein Attentat wieder irgendwo in unserer Nähe passieren und könnte einen selbst, Familie oder Freund*innen treffen: „Grund dafür sind tief verwurzelte strukturelle und historisch bedingte Mechanismen, die leider auch nicht immer wahrgenommen und nicht immer ernst genommen werden. Deshalb bedarf es einer klaren Benennung solch rassistischer Taten und einer lückenlosen Aufklärung.“

Auch ein Jahr nach dem rassistischen Anschlag sind aber noch viele Fragen offen. Ein reines Gedenken oder Worte des Mitgefühls reichen nicht, um antirassistische Strukturen zu etablieren und rechtsextreme Gruppen und Aktivitäten frühzeitig aufzulösen. Den Worten müssen auch Taten folgen.

Dass der Attentäter nur wenige Meter entfernt in der Nachbarschaft lebte, macht die Situation für die Angehörigen unerträglich. Die Hinterbliebenen der neun getöteten Hanauer*innen müssen nach wie vor in der Nähe des Familienhauses des Attentäters leben. Unterstützung von behördlicher Seite blieb bisher aus. An einen Umzug ist aus Kostengründen nicht zu denken. Dies ist nur eine der Konsequenzen in diesem Fall. Die Liebsten kommen nicht mehr wieder. „Kein Geld der Welt wird das Schicksal der neun getöteten Menschen wiedergutmachen. Das Mindeste ist jedoch, dass sie materiell abgesichert werden“, schreibt das Büro für Integration.

Der Täter handelte am Tag des Anschlags vielleicht auf eigene Faust, stellte seinen Hass auf Migrant*innen aber immer wieder ins Netz und wurde von einer rechtsextremen Szene in seiner Haltung getrieben. Es war nicht der erste rassistische Anschlag in Deutschland, erinnert das Büro für Integration. „Daher kann eine solche Tat, die schon Wochen zuvor hätte vereitelt werden können, nicht als Einzelfall betrachtet werden. Hass wird viel im Internet geschürt, aber auch immer noch vorherrschende gesellschaftliche Strukturen fördern rassistisches Verhalten und Denkweisen. Diese fest verankerten Strukturen müssen endlich aufgebrochen werden. Viele Initiativen setzen sich gegen Rassismus ein und nicht nur dann, wenn solche Fälle auftreten. Denn Rassismus findet jeden Tag in der Mitte unserer Gesellschaft statt. Rassismus tötet.“

Es braucht daher mehr Unterstützung, mehr Sensibilität, eine lückenlose Aufklärung, Verantwortung und Konsequenzen, und es braucht eine Gesellschaft die bereit ist, sich mit Rassismus ernsthaft auseinanderzusetzen, damit sich solch eine Tat wie am 19. Februar 2020 nicht wiederholt. Durch den Aufruf #SayTheirNames sollen die Namen der neun Opfer den Namen des Attentäters überschatten. „Wir sagen ihre Namen, weil sie Menschen waren und nicht nur eine Zahl. Sie sollen nicht in einer Statistik verschwinden, sondern als Menschen in Erinnerung bleiben. Wir sagen ihre Namen, weil sie nicht entmenschlicht und versachlicht werden dürfen.“

Schon einen Tag nach dem Attentat im Februar 2020 teilten die ersten Menschen unter dem Hashtag „SayTheirNames“ ihre Trauer und ihr Entsetzen mit. Gemeinsam mit den Hashtags wurden und werden noch heute die Bilder der neun Opfer geteilt, um ihrer zu gedenken. Gerade in Zeiten, in denen man auf Distanz bleiben soll, ist es wichtig, trotzdem ein Zeichen zu setzen – deshalb der Aufruf über die Sozialen Medien. Die Fotos können daher sowohl auf der Webseite der Kampagne als auch auf den eigenen privaten Sozialen Medien geteilt werden.

Jede Person, die sich beteiligen will, kann sich unter www.saytheirnames.de informieren und dort ein Schild für ein Foto herunterladen.

ggr

 

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