Höhen und Tiefen – Marco Russ beendet seine Karriere

Marco Russ, 2016 im Spiel gegen Darmstadt 98. Archiv-Foto: Arthur Schönbein

Gut zwei Jahrzehnte bei der Eintracht – 2016 überlebter er eine Krebserkrankung

Es waren bewegende Bilder, als Marco Russ am 19. Mai 2016 seine beiden Kinder an die Hände nahm, um sich vor der Fankurve einen letzten Applaus abzuholen. Gerade hatte der Innenverteidiger eine tragische Geschichte beim 1:1 im Relegationshinspiel gegen Nürnberg geschrieben. Ihm war ein Eigentor unterlaufen, dann hatte er sich eine Gelb-Sperre eingehandelt – und das alles unmittelbar, nachdem bei ihm Hodenkrebs diagnostiziert worden war.

Er lief trotzdem auf. „Ich wollte der Mannschaft unbedingt helfen“, sagte er rückblickend. „Ich habe während der 90 Minuten keinen Gedanken daran verschwendet.“ Als die Eintracht vier Tage später im Rückspiel den Klassenerhalt schaffte, lag der Defensivspezialist bereits im Krankenhaus, war am Morgen operiert worden. Am Abend verfolgte er die Partie aus dem Krankenbett.

Am 28. Februar 2017 feierte Russ in der 92. Minute im Viertelfinalspiel des DFB-Pokals gegen Arminia Bielefeld sein Comeback. Kein Jahr nach Bekanntwerden seiner Erkrankung hatte sich Russ zurückgekämpft.

Russ, der 1985 in Hanau geboren wurde, wechselte im Alter von elf Jahren in die Jugendabteilung von Eintracht Frankfurt. Abgesehen von einem eineinhalbjährigen Abstecher zum VfL Wolfsburg war er nur für diesen Verein am Ball. Von 2004 bis heute bestritt er 328 Pflichtspiele für die Hessen. In dieser Saison kam er allerdings nur noch einmal als Einwechselspieler in der Europa-League-Qualifikation zum Einsatz. Beim 1:0 gegen den FC Vaduz riss die Achillessehne.

„Ich bin gesund, das zählt“

Beim letzten Saisonspiel gegen den 1. FC Köln gehörte er zwar nochmals zum Kader. Für einen Einsatz reichte es jedoch nicht mehr. „Ich bin nicht enttäuscht, dass ich nicht eingewechselt wurde“, sagte er danach. „Es war schön, den Spieltag nochmal im Mannschaftskreis zu erleben mit Hotel, Busfahrt und allem. Das war ein guter Abschluss für mich, auf den ich mich in den vergangenen Wochen vorbereiten konnte. Ich bin gesund, das zählt.“

Nun beendet der dienstälteste Eintracht-Profi seine Fußballkarriere und wechselt in die Analyseabteilung des Lizenzspielerbereichs. Er freue sich auf die neue Herausforderung im vertrauten Umfeld. „Ich bin mit dem Verein groß geworden, habe alles miterlebt, war schon Balljunge hier“, sagt er. „Nach meiner Familie ist die Eintracht das Größte.“

Von Stephan Köhnlein

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein