„Ein Hütchenaufsteller bin ich nicht“

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Darmstadts Co-Trainer Ovid Hajou im Interview

Seine Spielerkarriere scheiterte früh, und dennoch hat er einen klangvollen Namen: Ovid Hajou ist seit dieser Saison Co-Trainer von Torsten Lieberknecht in Darmstadt. In seinem ersten Interview in dieser Funktion erzählt er dem Online-Magazin Lilienblog, wie es zu dem Engagement kam, welche Ex-Lilien-Spieler ihm dazu rieten und wie er seine Rolle im Zusammenspiel mit dem Chefcoach sieht. Den Vornamen hat der gebürtige Gelsenkirchener mit syrischen Wurzeln übrigens wirklich in Anlehnung an den lateinischen Dichter. Und der Nachname spricht sich „Hajo“ aus, wie der 37-Jährige verriet, der in Kürze zum zweiten Mal Vater wird.  

Herr Hajou, wenn man nach Ihrer Spielerkarriere guckt, dann ist die etwas lückenhaft …

Ich habe meine Karriere beenden müssen, bevor sie richtig begonnen hat. Ich habe die meiste Zeit in der Jugend bei Preußen Münster gespielt, hatte zwei Kurzeinsätze in der 3. Liga und bin dann nach Ahlen gewechselt. Die haben damals in der 2. Liga gespielt. Nach drei Kurzeinsätzen dort habe ich mich so unglücklich am Knie verletzt, dass meine Karriere im Alter von 21 Jahren eigentlich schon vorbei war. Ich habe zwei Jahre in der Reha verbracht und bin dann durch etwas Glück zum Co-Trainer-Job gekommen.

So jung seine Karriere beenden zu müssen, ist sicher ziemlich hart?

Für mich ist damals eine Welt untergegangen. Ich wollte nicht hören, dass es mit dem Fußball schon vorbei ist. Ich bin dann von Ahlen zu den Sportfreunden Lotte gewechselt. Eigentlich wollte ich mich da nur fithalten für die nächste Aufgabe. Aber ich habe dann doch recht schnell gemerkt, dass es keinen Sinn mehr hat, weil das Knie immer wieder dick geworden ist. Der Trainer dort war der Vater von einem Freund. Er hat mir vorgeschlagen, doch mal die nächsten Gegner zu beobachten. So ist das zustande gekommen.

Haben Sie denn noch etwas anderes gemacht außer Fußball?

Ich habe in Ahlen mein Abi abgebrochen, weil dort mein Trainer Werner Lorant gesagt hat: Willst Du Lehrer werden oder Fußballer? Heute ist das glücklicherweise anders, da sehe ich mich als Co-Trainer auch in der Verantwortung. Wenn ein NLZ-Spieler mal schlechte Schulnoten haben sollte, sage ich: Sieh zu, dass Du die Schule ordentlich machst, das hat Priorität. Ich habe mein Fachabi dann im Abendgymnasium nachgeholt und eine Ausbildung als Personaldienstleistungskaufmann gemacht. In dem Beruf habe ich aber nie gearbeitet, weil ich die meiste Zeit auf dem Fußballplatz war.

Wie sind Sie dann Co-Trainer in Darmstadt geworden?

Ich bin mit meinen 37 Jahren ja noch relativ jung für einen Trainer, aber schon seit über 14 Jahren als Trainer aktiv. Da kenne ich schon den einen oder anderen. Torsten (Lieberknecht) hat mich angerufen und gefragt, ob ich mir das hier vorstellen kann. Wir haben uns auf Anhieb sehr gut verstanden und uns ein paar Tage später getroffen. Aus dem geplanten halbstündigen Kennenlernen wurden dann viereinhalb Stunden. Er hat mir im Anschluss abends mitgeteilt, dass er sich eine Zusammenarbeit sehr gut vorstellen kann.

Der Job des Co-Trainers kann ja sehr unterschiedlich gelebt werden – vom Hütchenaufsteller bis hin zum nahezu gleichberechtigten Partner. Wie ist die Arbeitsteilung mit Torsten Lieberknecht?

Ein Hütchenaufsteller bin ich nicht. Dann wäre ich hier wohl auch nicht Co-Trainer geworden. Wir arbeiten gut und eng im Team zusammen, besprechen nahezu alles gemeinsam, aber natürlich hat der Cheftrainer am Ende das letzte Wort. Als Co-Trainer sehe ich mich auch als Bindeglied zwischen Mannschaft und Trainer. Da gehört nicht nur Fach-, sondern auch Sozialkompetenz dazu. Es gibt Phasen, da muss man auch mal für ein bisschen gute Laune sorgen – und dann ist auch wieder mehr Ernsthaftigkeit gefragt.

Es gibt Co-Trainer, die ihr Leben lang Co-Trainer geblieben sind und damit zufrieden und erfolgreich waren. Andere hat es dagegen irgendwann auf den Chefsessel gezogen. Wo siehst Du Dich da?

Ich kann nicht sagen, was in zehn Jahren ist. Ich kann nur sagen, dass ich im Moment sehr zufrieden bin, weil das, was ich tue, zu mir passt. Gerade der enge Draht zur Mannschaft macht mir viel Spaß. Als Cheftrainer muss man schon etwas mehr Abstand wahren und größeren Wert auf eine gewisse Autorität legen.

Von Stephan Köhnlein

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