„Der Jude mit dem Hakenkreuz“

Der jüdische Pilot Fritz Beckhardt in seinem Doppeldecker.
Gespräch mit dem Enkel und Schriftsteller Lorenz S. Beckhardt

Riedstadt – Der Kinoclub der BüchnerBühne lädt gemeinsam mit dem Verein „Gegen Vergessen – Für Demokratie“ und dem Förderverein für Jüdische Geschichte und Kultur im Kreis Groß-Gerau zu einem „Kinoclub-Spezial“ ein: Am Mittwoch, 18. September ab 19:30 Uhr ist im Theatersaal (Kirchstraße 16, Riedstadt-Leeheim) der WDR-Dokumentarfilm „Der Jude mit dem Hakenkreuz“ zu sehen. Nach der etwa 45-minütigen Filmvorführung steht der Enkel der Hauptperson im Film, Lorenz S. Beckhardt aus Köln zu einem Gespräch mit dem Publikum zur Verfügung. Das Theatercafé als gemütlicher Zuschauertreffpunkt öffnet bereits ab 19:00 Uhr. Der Eintritt ist frei – um Spenden wird gebeten.

Der Film „Der Jude mit dem Hakenkreuz“ erzählt die Geschichte von Fritz Beckhardt und seiner Familie. Sein Enkel Lorenz S. Beckhardt, in einem katholischen Internat erzogen, erfährt erst als Achtzehnjähriger, dass er Jude ist. Allmählich erhellt sich ihm das Leben seiner Vorfahren, ihr Streben nach Anerkennung als vollwertige Bürger und nach wirtschaftlichem Aufstieg. Er recherchiert und rekonstruiert eine bewegende Familiengeschichte, die schließlich in einem Buch dokumentiert wird. Gleichzeitig entstand eine TV-Dokumentation im Westdeutschen Rundfunk, wo Beckhardt bis heute als Wissenschaftsredakteur tätig ist.

Als glühender Patriot kämpfte sein Großvater Fritz auf deutscher Seite im Ersten Weltkrieg. Während des Nationalsozialismus waren seine vielen Orden und Auszeichnungen dann nichts mehr wert. Nach 1933 wurde er wegen „Rassenschande“ inhaftiert, kam aber mit Hilfe seines ehemaligen Kriegskameraden Hermann Göring aus Buchenwald frei.

Der jüdische Textilkaufmann floh mit seiner Frau aus Wiesbaden und versuchte, sich im englischen Exil ein neues Leben aufzubauen. Seine beiden Kinder Kurt und Hilde waren bereits zuvor mit Kindertransporten nach England gekommen. Andere Verwandte der Familie wurden von den Nationalsozialisten deportiert und ermordet.

Nach Kriegsende 1945 kam Beckhardt mit seiner Familie nach Deutschland zurück, konnte aber nur schwer hier wieder Fuß fassen. Neben den Erfahrungen mit der Wiedergutmachungsbürokratie setzte ihm vor allem zu, dass Juden bis in die siebziger Jahre hinein weiterhin „unerwünscht“ waren und sein Geschäft immer noch von Boykott bedroht war.

Bewegend schildert Lorenz Beckhardt die Schicksale seiner Verwandten und die eigene Selbstfindung, die Folgen von Schweigen, Verdrängen, den schwerem Neubeginn in der alten Heimat, die alltäglichen Demütigungen durch Nachbarn und den zermürbenden Streit um die Rückerstattung des Eigentums.

Lorenz Beckhardt, geboren 1961, ist Journalist und Redakteur beim Westdeutschen Rundfunk. Er arbeitete viele Jahre als Reporter für die Tagesschau – in den ARD-Studios Paris, Brüssel und Tel Aviv. Für seine journalistischen und schriftstellerischen Arbeiten erhielt er viele Auszeichnungen und Preise.

Im Rahmen des Kinoclubs kann das Buch „Der Jude mit dem Hakenkreuz“ (Aufbau-Verlag Berlin, 2014) am Büchertisch der Buchhandlung Faktotum aus Riedstadt-Wolfskehlen erworben werden.

Foto: Lorenz S. Beckhardt

ggr

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